Nachhaltige Finanzanlagen – von der Nische zum Mainstream
Ein Beitrag von Michael Zink, Head of Investor Relations bei der Deutschen Bildung AG
Die Begrifflichkeiten sind zum Teil noch fremd: Taxonomie, Divestment, SRI, normbasiertes Screening, aber das Thema hat sich mittlerweile als fester Baustein der Finanzwelt etabliert. Es geht um nachhaltige Finanzanlagen oder auch Impact Investing.
Im Jahr 2019 hat die Bundesregierung beschlossen, dass Deutschland eine Vorreiterrolle in „Sustainable Finance“ einnehmen solle. Seitdem flankieren Politik und Regulierer mit vielen Veranstaltungen und Maßnahmen die Bemühungen, Kapitalmarktteilnehmer zu einem verantwortungsbewussten und nachhaltigen Investment zu bewegen. Und mittlerweile hat sich auch ein entsprechend großer Markt für nachhaltige Kapitalanlagen entwickelt.
Gemäß dem Marktbericht des FNG-Forum für Nachhaltige Geldanlagen beträgt das Anlagevolumen nachhaltiger Geldanlagen in der DACH-Region inzwischen über 474 Milliarden Euro. Investoren können aus über 500 nachhaltig geführten Publikumsfonds alleine im deutschsprachigen Raum auswählen. Dabei ist die Bandbreite der Kriterien sehr breit, nach denen Investoren und Emittenten den Begriff Nachhaltigkeit verwenden. Für manche reicht es schon, keine Waffen- oder Kohlefinanzierung zu betreiben. Andere schauen dagegen auch in die zweite Reihe der Auswirkungen und lehnen die Aktie des umweltfreundlichen und nachhaltigen Maschinenbauers ab, weil dessen Produkte größtenteils in der Massentierhaltung verwendet werden. Inzwischen haben sich unter anderem die Leitfäden für ethisch-nachhaltige Geldanlagen der katholischen und der evangelischen Kirche, sowie die BVI Wohlverhaltensrichtlinien als richtungsweisende Empfehlungen für nachhaltige Kapitalanleger etabliert. Die EU ist gerade dabei, mit der Entwicklung des Klassifikationssystems „Taxonomie“ eine weitreichende Definition der Begrifflichkeiten zu schaffen.
Was bedeutet diese Entwicklung für institutionelle Investoren?
Den frühen Angeboten nachhaltiger Finanzinstrumente hing lange Zeit der Makel an, dass ihre Rendite gegenüber vergleichbaren klassischen Finanzprodukten angeblich geringer ausfalle. Mittlerweile zeigen unzählige Studien, dass das genaue Gegenteil der Fall ist. Investitionen, die einen klaren Fokus auf Sustainable Finance haben, rentieren regelmäßig besser als Produkte ohne diesen Fokus. Es gibt schlechterdings keine Gründe mehr, bei der Kapitalanlage Unternehmen einzubeziehen, die den Klimaschutz oder die Menschenrechte ignorieren. Vermögensverwalter werden sich zukünftig darauf einstellen müssen, dass die Nichtberücksichtigung von ESG-Kriterien ein Verstoß gegen die treuhänderische Fürsorge bedeuten kann. Es bleibt jedoch die Aufgabe jedes individuellen Anlegers für sich zu definieren, welche Kriterien der Nachhaltigkeit in der Finanzanlage für ihn oder sie wichtig sind. Dafür bieten die Vermögensverwalter und Fondsanbieter unterschiedliche Ansätze an. Diese reichen von Ausschlusskriterien über „Best-in-Class“, ESG-Integration, normbasiertes Screening bis zu Engagement/Stimmrechtsausübung.
Verschiedene Anlagestrategien charakterisieren den Markt
Was macht nun aber Kapitalanlage eigentlich nachhaltig? In den letzten Jahren haben sich mehrere Strategien für die Umsetzung einer nachhaltigen Kapitalanlage etabliert: Die einfachste Form der Umsetzung ist der Ausschluss. Dadurch werden Anlagen, die den Werten des Investors widersprechen, von vornherein nicht zugelassen. Das betrifft Waffen, Atom- und Kohle, Pornografie, aber auch Menschen- und Arbeitsrechtsverletzungen, Korruption und Bestechung.
Beim „Best-in-Class“ Ansatz wählt der Vermögensverwalter jene Aktiva aus, die sich ausdrücklich einer nachhaltigen Entwicklung verschrieben haben. Dies kann aber immer noch zum Ausschluss ganzer Branchen führen, wenn diese Branchen zum Beispiel in ihrer Gesamtheit negativ für das Klima sind.
Eine vergleichsweise junge Strategie der nachhaltigen Kapitalanlage ist die aktive Stimmrechtsausübung und das direkte Engagement mit den Unternehmen. Hier kommt es zum direkten Dialog von Investor, respektive der Fondsgesellschaft und dem betroffenen Unternehmen. Dies kann im Rahmen der Hauptversammlung geschehen oder aber beim Besuch des Vermögensverwalters beim Unternehmensvorstand. Ziel ist dabei, die Unternehmen für eine verstärkte Nachhaltigkeitsleistung zu sensibilisieren.
Die Investition in nachhaltige Kapitalanlagen hat sich von einer Spezialistenleistung zu einer Hauptrichtung des Finanzmarktes entwickelt. Jeder Anleger sollte sich mit den Begrifflichkeiten und Strategien auseinandersetzen, um bei der Umsetzung seiner individuellen Anlagestrategie die Vorteile des nachhaltigen Investments bestmöglich zu generieren.
Tags:Impact Investing, Kapitalanlagen, Nachhaltigkeit, Social Impact Investing