Bildungsaufstieg in Deutschland: immer noch ein weiter Weg
Informationen und eine gesicherte Finanzierung würden zur Lösung des Problems beitragen.
Freier Zugang zu Bildung und damit verbundene Aufstiegsmöglichkeiten – in Deutschland selbstverständlich oder? Dank staatlichen Universitäten, die keine Studiengebühren erheben, sondern nur einen Semesterbeitrag, sollte jeder frei in seiner Entscheidung für oder gegen ein Studium sein, unabhängig von seiner Herkunft. Die Realität sieht anders aus.
Sechs Generationen dauert es, bis ein sozialer Aufstieg in Deutschland gelingt und ein Kind einer Familie mit geringem Einkommen ein durchschnittliches Gehalt verdient. Das anschauliche Bild von klebrigen Böden und Decken, das die OECD in ihrem Bericht über soziale Mobilität verwendet, lässt sich gut auf die deutsche Gesellschaft übertragen. Während jedes zweite Kind eines Managers auch Manager wird, schafft es nur eins von vier Kindern einer Arbeiterfamilie, so die OECD. Diese Unbeweglichkeit ist nicht nur innerhalb der Generationen erkennbar, sondern auch innerhalb der verschiedenen Gehaltsklassen. Sechs Generationen, die überwunden werden müssen, im Gegensatz zu nur zwei Generationen in Dänemark oder vier Generationen in Spanien. Doch was sind die Gründe dafür, dass ein sozialer Aufstieg in Deutschland so schwierig ist?
Trotz steigender Zahlen von Hochschulen und Studenten, ist es noch immer nicht für jeden, der studieren möchte, möglich ein Studium anzustreben, einen Studienabschluss zu erlangen und daraufhin einen Arbeitsplatz mit gutem Verdienst zu finden. Die familiäre Herkunft spielt im Werdegang weiterhin eine große Rolle. Im aktuellen Bildungsbericht des Bundesministeriums für Bildung und Forschung wird davon ausgegangen, dass die Wahrscheinlichkeit für Kinder aus Akademikerfamilien ein Studium aufzunehmen, drei Mal höher liegt als für Kinder, deren Eltern nicht studiert haben. Dieser Trend setzt sich dann im Hinblick auf die Entscheidung für ein Masterstudium oder eine Promotion fort.
In 23 Minuten zur Entscheidung für ein Studium
Zeit ist Geld – das gilt auch für ein Studium. Zwar fallen in Deutschland keine hohen Studiengebühren an, trotzdem benötigen Studenten monatlich rund 819 Euro. Davon verdienen sie rund 385 Euro durchschnittlich durch einen Nebenjob. Der Rest wird in 86 Prozent der Fälle durch die Eltern finanziert. Wer sich auf diese Unterstützung nicht verlassen kann, muss oft mehr arbeiten, um sich sein Studium leisten zu können. 16 Prozent der Studenten, die ihr Studium unterbrechen, geben finanzielle Probleme oder eine Erwerbstätigkeit als Grund an. Steigende Mieten in vielen Universitätsstädten tragen dazu bei, dass entweder die Eltern immer mehr beisteuern müssen oder Studenten mehr arbeiten müssen. Dass dabei das Studium oft zu kurz kommt, liegt auf der Hand.
Eine vor kurzem erschienene Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung macht deutlich, dass Abiturienten häufiger ein Studium aufnehmen, wenn sie über die Kosten und Nutzen eines Studiums im Vergleich zu einer Berufsausbildung informiert werden. Der positive Effekt der 23-minütigen Informationsveranstaltung wirkt sich besonders auf die Abiturienten aus, deren Eltern keinen Hochschulabschluss haben, weil sie dadurch lernen, welche Arten und Möglichkeiten der verschiedenen Studienförderungen es gibt und wie sie dadurch ihr Studium finanzieren können.
Damit sich jeder ein Studium leisten kann, unabhängig von seiner Herkunft, ist es wichtig, dass Studenten auch privat gefördert werden, denn nicht nur sie profitieren von ihrem höheren Bildungsgrad, sondern auch die gesamte Gesellschaft.
Quellen:
OECD: Ist der Soziale Aufzug kaputt?
BMBF: Bildung in Deutschland 2018
BMBF: 21. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks
DIW Berlin: Gezielte Informationen zu Nutzen und Kosten eines Studiums erhöhen die Studienaufnahme
Tags:Bildung, Bildungsaufstieg, Chancengerechtigkeit, Studienfinanzierung, Studium